Tag 1 der Elbwanderung
Ich bin um 7.30 Uhr, na gut, um 7.40 Uhr aufgestanden, stehe um kurz vor halb zehn, nach einem Frühstück im Hotel, wo ich freundlich umsorgt wurde, am Bahnhof und warte auf den Zug. Der wird mich nach Cuxhaven bringen. Dort geht es schnell mit dem Bus weiter zur Kugelbake und damit habe ich meinen Startpunkt erreicht. Mir geht es großartig!
Startpunkt Kugelbake
Vom Bus aus gehe ich mit Mareike zur Kugelbake. Mareike ist Altenpflegerin und begeisterte Hobbyfotografin. In ihrem Instagram-Account kann man sich ihre Bilder ansehen und merkt dann auch sofort, dass sie gern an der See ist. Da haben wir was gemeinsam. Bald haben wir die Kugelbake erreicht, Mareike beginnt zu fotografieren, ich sorge für ein paar bewegte Bilder von der Kugelbake und mir. Immerhin markiert dieses Seezeichen die Elbmündung. Für mich ist es also ein absolutes Muss, meine Elbwanderung genau hier zu starten. Bis Glücksstadt werde ich die Elbe nun in mal größerer, mal geringerer Entfernung auf meiner linken Seite haben. Nun sind es erst einmal der Bauhafen und die Grimmershörnbucht, an denen ich entlangwandere. Es sind nicht allzu viele Menschen unterwegs. So ist reichlich Platz für Radfahrer, Kinder, Hunde und Wanderer. Auf der rechten Seite malt der grüne Deich einen kräftigen Farbklecks in die heute etwas graue Küstenlandschaft, dahinter erholen sich die Hotels von der wohl recht intensiven Sommersaison.
Alte Liebe
Ich will auf alle Fälle bei der Alten Liebe vorbeischauen. Früher legten an diesem Pier Schiffe an und ab. Heute ist er ein herrlicher Aussichtspunkt, von dem aus man oft einen Blick auf die großen Pötte erhaschen kann. Auf dem Weg dorthin führt die Radstrecke über einen Parkplatz. Das ist schon ungewöhnlich, funktioniert aber zumindest an diesem ruhigen Samstag gut. An der Alten Liebe tummeln sich dann doch einige Menschen. Und ich mich mit ihnen. Auch auf das Semaphor, das die Windrichtung und die Windstärke auf den Inseln Helgoland und Borkum anzeigt, schaue ich mir an. Ein paar Meter weiter hat eine Gaststätte geöffnet und scheint gut besucht zu sein. Mir reicht heute die öffentliche und erfreulich gepflegte Toilette auf der Rückseite des Gebäudes, denn ich habe genug Proviant und Kaffee dabei.
Cuxsteine vom Hort Otterndorf
Am Anleger für die Schiffe, die zu den Seehundbänken fahren, gibt es ein paar Bänke und Tische. Ich nehme Platz und entdecke unter dem Tisch einen liebevoll bemalten Cuxstein vom Otterndorfer Hort. Der wird weitergetragen, entscheide ich sofort. Allerdings bestimmt nicht von Cuxhaven nach Nürnberg, denn mehr Gewicht möchte ich meinem Rucksack nicht zumuten. Ok, mir auch nicht. Ein paar Meter weiter steht ein kleines Modell der Kugelbake. Im Vorbeigehen findet eine Frau dort auch einen bemalten Stein. Das macht immer wieder Freude und zaubert den Menschen ein Lächeln ins Gesicht.
Müll – das Problem aller Städte
Ich mache mich auf den Weg durch den Hafen, finde unterwegs einen Platz für meinen Cuxstein und treffe gegenüber vom Bahnhof auf Müllsammlerinnen und Müllsammler. Die ersten beiden frage ich nach dem Weg. Das zweite Sammelpärchen erklärt mir, dass es sich hier um eine Aktion der Grünen handelt. Das Müllproblem scheint ja leider in allen Städten präsent zu sein. Dabei wirkt Cuxhaven auf mich eigentlich recht sauber. Zumindest in den touristisch relevanten Bereichen, in denen ich gerade war. Beim dritten Sammelpärchen komme ich dann endlich auf die Idee, ein Foto zu machen. Ich frage und darf es auch hier veröffentlichen. Es ist eine tolle Aktion, auf die ich gern aufmerksam mache. Schöner wäre es natürlich, wenn wir solche Aktionen gar nicht bräuchten.
Fisch riecht nicht immer lecker
Jetzt geht es noch mal kurz ums Eck und schon beginnt die Fischmeile. Als eines der ersten Gebäude auf der linken Seite entdecke ich das Wrack- und Fischereimuseum Cuxhaven. Wenn ich die Historie des Museums richtig interpretiere, habe ich vor vielen Jahren über das Vorgänger-Museum geschrieben. Die Fischmeile bietet mit Werksverkäufen der Hersteller von Fischkonserven, Restaurants und frischem Fisch alles, was die Herzen und Mägen der Gäste glücklich macht. Mich gerade nicht. Was nicht an dem manchmal unschönen und unausweichlichen Geruch liegt, der ab und zu durch die Fischmeile zieht, sondern daran, dass ich heute Abend im Restaurant meines Hotels eine Kutterscholle essen werde.
Ein Schild, zwei Fehler
Jetzt verlasse ich die Stadt allmählich. Wundere mich noch sehr über das Schild der Titan Wind Energy, das es in einem recht einfachen Satz auf zwei Fehler bringt: „Dieses Objekt ist Video- und Personengesichert.“ Dann geht es hinaus in die Landschaft. Das nächste Ziel ist die Dicke Berta. Unterwegs fängt es ein wenig an zu regnen. Ich schlupfe schnell unter das Dach der interessanten Deichbildungsstätte und gönne meinem Rucksack seinen Regenschutz. Ich selbst bin ausreichend verpackt und wage mich auf die erste Ebene des Aussichtsturmes. Wer mich und meine Höhenangst kennt, weiß, wie sensationell das für mich ist. Ich bin aber schnell wieder heruntergekrabbelt. Irgendwo an der Strecke gab es noch einen Apfelkuchen und einen Kaffee für mich, es ging an der Dicken Berta vorbei und dann über die Deiche mit den tiefenentspannten Schafen. Das Wetter war schließlich so richtig nordisch mit Nebel und Regen.
Immer dicht an der Elbe
Auf dem letzten Wegstück bin ich in die Dämmerung gekommen. Es war aber einfach fantastisch und ich habe mir bei jeder Abzweigung, wo ich die Möglichkeit hatte, immer den Weg möglichst dicht an der Elbe rausgesucht. Was dazu führte, dass die Strecke ein bisschen länger wurde. Aber es war einfach zu schön, soweit wie möglich am Wasser zu gehen. Ganz am Ende habe ich dazu noch einmal ein kleines Video gemacht und einfach nichts gesagt, weil ich hoffe, dass die Elbe zu hören ist. Das klingt nämlich fantastisch! Teilweise hört man auf der einen Seite das Schilf rauschen, wispern, rascheln und auf der anderen das Wasser. Auf diesem Stück war einfach das Wasser zu hören, zwischendurch auch ein Windkraftrad. Wenn man alleine wandert, sind die Geräusche unwahrscheinlich faszinierend und beruhigen auch. Sie ziehen die Seele in ihren Bann. Es ist lohnend, die Ohren bewusst zu öffnen und zu lauschen. Ich bin heute tatsächlich die ganze Strecke ohne Musik gelaufen. Zugegebenerweise aber nicht unbedingt, weil ich mich auf das Gehörte konzentrieren wollte. Das auch natürlich, aber vor allem weil ich Sorge um meinen Akku hatte. Es hätte wahrscheinlich auch nicht gereicht, aber in diesem netten Restaurant, wo es den Apfelkuchen gab, durfte ich ein wenig Strom tanken, das hat mich dann gerettet. Danach hätte ich Musik hören können, aber ich wollte nicht mehr.
Zurück aus Cuxhaven, hungrig in Otterndorf
Gegen 17.15 Uhr kam ich wieder im Hotel an, vielleicht war es auch 17.30 Uhr. Ich weiß es nicht mehr, es war schon recht düster draußen. So bin schnell hinten durch zu dem Hintereingang, zu dem ich einen Schlüssel bekommen hatte, damit keiner im Restaurant meine windzerzausten Haare sieht. Aber ich glaube es war eh noch niemand im Restaurant. Ich war ziemlich durchgepustet und nass, aber der Regen hat mir eine Kringellocke gemacht, das finde ich sehr nett von dem Regen. Ich habe die Haare auch wieder eingefangen in einem Zopf, nur die Locke habe ich draußen gelassen. Die habe ich so selten und ich hätte doch so gerne Locken. Danke, Regen! Jetzt werde ich mich auf dem Zimmer frisch machen, etwas entspannen und dann runter ins Restaurant gehen, wo ich zu Abend essen werde. Ich habe jetzt so richtig Lust auf eine Kutterscholle, die hier wohl auch richtig gut sein soll.
Keine Kutterscholle für mich – traurig!
Die schlimme Nachricht vorab: Ich habe keine Kutterscholle bekommen. Heute Abend war das Restaurant spontan geschlossen. Was echt nicht witzig ist. Ich habe sogar gestern Abend noch mit der Dame gesprochen, die vermutlich die Chefin ist, und gesagt, dass ich heute wahrscheinlich hier esse. Da hätte sie mir ja eine Info geben können! Das war nicht sonderlich gastlich. Ich habe sogar angerufen, weil der Hintereingang für die Hotelgäste zu war und weil ich nicht außen herum gehen und gucken wollte, ob das Licht an ist. Da hieß es dann nur lapidar, heute sei geschlossen. Keine Entschuldigung, kein Nichts, wirklich ein Unding. Ich habe jetzt hier im Ort noch etwas anderes bekommen, was auch lecker war. Aber es ist am Samstagabend gar nicht so einfach in einem richtigen Restaurant einen Platz zu bekommen. Und nach 31,49 Kilometern in Wanderstiefeln macht das Suchen nicht wirklich Freude. Ich war schließlich in einem Grill-Imbiss. Das Essen war wirklich lecker und die Leute nett, da habe ich Glück gehabt, aber das hätte auch ganz anders ausgehen können.
Wer mehr über das Projekt wissen möchte: Weite Felder. Ich freue mich auch wieder über Kommentare über den Abschnitt Cuxhaven nach Otterndorf.