Tag 5 der Elbwanderung
Heute morgen bin ich um 6:49 Uhr frisch und munter aufgestanden, um am Ende nach einer theoretisch eineinhalbstündigen Bahnfahrt um Viertel vor elf in Elmshorn aus dem Zug zu steigen. Von dort werde ich heute nach Hamburg laufen. Ich habe das Glück wieder gepachtet. Tatsächlich stand ich kurz in Pinneberg auf der Strecke, was aber gar nicht schlimm war, weil sich während der Wartezeit ein sehr nettes Gespräch mit einem Studenten der Politikwissenschaften und der Soziologie ergab. Wir waren mit Raketen und Elon Musk beschäftigt, ich erfuhr von den Videos von Adam Something und so verging die Zeit. Wie im Fluge kann man ja jetzt nicht sagen, das wäre fast makaber, jedoch verging die Zeit auch im stehenden Zug sehr schnell.
Von Schiffchen und Haferflocken
In Elmshorn bin ich dann aus dem Zug raus und nach wenigen Metern schon auf der Strecke an der Krückau entlang aus der Stadt gegangen. Das hat mich dann ein bisschen mit dem letzten Aufenthalt in Elmshorn versöhnt. Dieses Mal fand ich es tatsächlich ganz nett in Elmshorn. Aber irgendwie liegt der Bahnhof wohl so, dass man nicht viel von dem Ort sieht, wenn man die Stadt verlassen will. Ich bin dann an dem kleinen Fluss Krückau entlang gegangen. Dort lagen ein paar Schiffchen ruhig im Wasser. Spannend fand ich, dass es an den Werken von Peter Kölln vorbei ging. Ich wusste gar nicht, dass dieses Unternehmen Peter Kölln heißt. Für mich waren es immer die Kölln-Flocken, also die Haferflocken, die wir mit Sicherheit alle kennen und die viele von uns morgens auf dem Frühstückstisch haben. Das fand ich interessant. Wie gesagt, ich wusste nicht, dass hier, so nah an Hamburg, der Hafer und vermutlich viele andere Dinge verarbeitet werden.
Sturmböen auf meinem Weg nach Hamburg
Jetzt bin ich unterwegs in Richtung Seestermühe. Ich hatte immer gedacht, der Ort heißt Seestermühle, aber nein, auf den Schildern vorhin stand Mühe, also Seestermühle ohne l. Und nach Seestermühe kommt dann, glaube ich, Seester. Ich gehe ein bisschen seitwärts von der Hauptstraße, auf der ich wahrscheinlich schneller wieder nach Hamburg kommen würde. Aber ich möchte mein Ziel heute gemütlich erreichen. Um mich herum ist es sehr grün, es fahren nicht allzu viele Autos, dafür gibt es zu beiden Seiten ziemlich regelmäßig Höfe. Rechts des Weges habe ich blauen Himmel, links des Weges zieht sich der Himmel zusammen und wird dunkelgrau. Aber gut, ich bin gegen Regen gewappnet, allerdings sind einige Sturmböen zu verzeichnen, sodass ich es mir gut überlegen muss, ob ich im Fall des Falles mein wunderbares Regencape aus dem Rucksack hole. Es könnte zum Segel werden.
Der erste leichte Regen
Über Kurzenmoor, Klein Sonnendeich und Neuendeich bin ich nach Haselau gewandert. Das Wetter war ganz schön nordisch. Teilweise musste musste man aufpassen, dass man gerade stehen blieb. Ein bisschen nass war es auch von oben, aber das hielt sich in Grenzen, von unten sind die Straßen hier wirklich gut geteert, also gar kein Problem.
Kleine Rast im Landgasthof
In Haselau habe ich mit dem Haselauer Landhaus ein wirklich nettes Restaurant gefunden, sehr gepflegt. Da ich aber schon gegessen hatte, weil ich ja immer etwas dabei habe, gab es nur eine feines Krabbensüppchen und einen heißen Tee. Das hat mich wieder aufgewärmt. So kann ich wieder weiterlaufen, munter und frisch motiviert. Nebenan zeugt die Hengststation Haselau von der Bedeutung der Holsteiner Pferdezucht in der Haseldorfer Marsch.
Heutiges Learning: Alles sicher verstauen!
Leider habe ich unterwegs meine Mütze kurzerhand in den Dreck geworfen. Ich hatte das gute Stück ungeschickterweise unter den Beckengurt vom Rucksack geklemmt und mir noch gedacht, pass auf, wenn du den Gurt öffnest. Naja! Dann kam eine zauberhafte Bank, die sogar auf Google verzeichnet ist. Ich wollte nicht nur ein Päuschen machen, sondern auch die Schautafel über die Entwicklung der Marsch lesen, lese, öffne dabei schon mal den Beckengurt … und zack, liegt das schmucke rote Mützchen im Schlamm. Was soll mir das bloß sagen?
Die halbe Strecke nach Hamburg ist geschafft
Zumindest habe ich inzwischen die ersten sechzehn Kilometer hinter mir und damit vermutlich gut die Hälfte der Strecke nach Hamburg geschafft. Möglicherweise ist es auch noch etwas weniger als die Hälfte, aber das macht nichts. Das passt schon, meinen Füßen geht es gut und ich habe auch noch Lust zu laufen. Und jetzt schon wieder eine nette Begegnung: „Hallo kleiner Hund! Wer bist denn du?“
Meditatives Laufen am Hetlinger Deich
Ich bin jetzt wunderbar im Flow, ich laufe und laufe und laufe, meine Beine bewegen sich wie von selbst, ganz wunderbar, ein perfekter Zustand und irgendwie hebt man dann auch mental ab und ist ganz woanders unterwegs. Zumindest habe ich nach einigen hundert Metern gemerkt, dass diese Straße nicht umsonst Hetlinger Deich heißt. Nein, ich gehe neben einem Deich! Ja, ich habe es dann auch gemerkt. Jetzt macht die Straße einen Knick, ich vermute mal der Deich ebenso, das kann ich jetzt aber noch nicht sehen. Drüber gucken kann ich im Moment nicht, weil ich auf der anderen Straßenseite laufe und zwischen mir und der Straße ein doch recht feuchter, nein nasser Graben ist. Den möchte ich jetzt nicht durchqueren. Selbst wenn man auf die andere Seite käme, was bei den Einfahrten auf die Felder ja manchmal der Fall ist, möchte ich das nicht unbedingt nutzen, weil ich fürchte, vor dem Deich ist auf der anderen Straßenseite auch wieder ein Graben. Hier gibt es halt viele, viele Gräben. Entwässerung ist Trumpf in dieser Region! Ansonsten habe ich inzwischen zwei Drittel der Strecke geschafft, werde wahrscheinlich so gegen achtzehn Uhr in der Nähe der S-Bahnstation sein, hätte dann das heutige Tagesziel erreicht und würde wieder mit der S-Bahn zu meiner Mutter fahren, die für heute Abend leckere Frikadellen angekündigt hat. Das geht ganz flott, weil die S-Bahn in einem Rutsch durchfährt, ich brauch gar nicht mehr umsteigen, nur nachher nochmal drei Stationen mit dem Bus. Das klappt ganz wunderbar. Gut, aber jetzt habe ich glaube ich noch 9,9 Kilometer. Mal schauen, was die noch bringen.
Der Roland im Dunklen
Das letzte Stück des Wegs war dann insofern relativ uninteressant, weil es einfach dunkel wurde und ich nicht mehr viel sehen konnte. Aber nachdem es morgens so spät losging, wollte ich ja irgendwann mal wieder ankommen und hab dann wieder ein bisschen mehr Tempo gemacht. Zwischendurch nochmal ein kleines Päuschen eingelegt, aber grundsätzlich war ich wieder recht flott unterwegs und hab dann auch bald Wedel erreicht, wo ich noch den Roland fotografiert habe. Leider schon im Dunkeln, aber er wird glücklicherweise angestrahlt. Das hat gerade noch geklappt, aber der Akku meines Handys war schon arg am Ächzen. Vom Roland sind das dann noch ungefähr fünf-, sechshundert Meter bis zur S-Bahn. Netterweise kann man da die Fahrkarten doch tatsächlich in einem Kiosk kaufen, was ich sehr angenehm fand. Ich finde es an den Fahrkartenautomaten weder angenehm noch sonderlich hygienisch.
GPS
Ich habe gleich eine S-Bahn bekommen. In der sitze ich jetzt und freue mich, dass ich nun nicht mehr laufen muss. Denn insgesamt waren es heute zweiunddreißig und ein bisschen Kilometer. Leider hat das GPS zum Ende hin wieder versagt. Bis dahin hat es eigentlich ganz tapfer mitgehalten und auf den letzten Kilometern ergab die Rechnung der bereits gelaufenen und der noch zu laufenden Kilometer bis zur S-Bahn zweiunddreißig und ein paar zerquetschte Kilometer. Das hat auch der Planung recht gut entsprochen. Aber inzwischen zeigt das GPS 58 Kilometer an … doch nein, so weit bin ich tatsächlich nicht gelaufen. Keine 58 Kilometer! Ich glaube dann würden meine Füße jetzt zu den Seiten der Schuhe heraus quellen. 32 Kilometer sind ja auch schon eine ordentliche Strecke.
Morgen in Hamburg
Morgen und Übermorgen geht es dann in zwei kürzeren Etappen durch Hamburg. Ich würde mich wieder über Kommentare und eigene Erfahrungen freuen. Über Grüße und symbolische Begleitung natürlich auch.